Rezensionen
Sonntag, 25. August 2013

Das macht Spaß! (Südstadtdetektive)

erschienen im Juni 2013 bei "Leseweis" - Literaturwissenschaftlerin Konstanze Keller

 

Mit clever-sympathischen Jungdetektiven durch Köln pesen!
Und dabei durch die Zeit fegen!
Das macht Spaß!

Mathias Wünsche, DIE SÜDSTADTDETEKTIVE
Köln-Krimi für Pänz
emons-Verlag 2013, ISBN978-3-95451-127-3, ab 9 Jahren. 8.50 €

„Hier, mitten in Köln, findet sich hinter jeder Ecke etwas Seltsames, scheinbar Unerklärliches. Tja, und da löse ich hin und wieder eben kniffelige Kriminalfälle. Natürlich nicht ohne meine Freunde. Aber sehr zum Missfallen meiner Eltern.“

So spricht und so handelt M Punkt, kecker 13-jähriger Erzähler des ganzen atemberaubenden Trubels, in den er und seine Freunde am 21. Juli 2012 ohne Vorwarnung geraten. Wir haben gar nicht lange Zeit, uns auf irgendwelche Vorgeschichten einzulassen, da wir unmittelbar ins Geschehen und damit ins Jahr 1969 gestürzt werden. In rasantem Erzähltempo und einer Sprache, die buchstäblich mitreißt, geht es von da an voran... oder besser: zurück.

Die Freunde von Marius Maximilian Magnus (so M Punkt mit vollem Namen), Schüler der 7. Klasse an einem Kölner Gymnasium im Jahr 2012, haben sich bei M Punkt getroffen, weil seine Eltern für ein Wochenende abwesend sind. Abhängen und chillen - nun dazu kommt es erst gar nicht, weil ein mysteriöser Anruf etwas schier Unglaubliches auslöst: Die Möglichkeit einer Zeitreise.

Der Anruf, der M Punkt im Wohnzimmer seiner Eltern erreicht, kommt aus dem Jahr 1969 und ist der Hilferuf eines entführten Fabrikantensohns.
Wie so etwas möglich ist? Zu den Freunden gehört zum Glück auch der gebildete und stets mitdenkende Tarik, für den Einsteins Relativitätstheorie kein allzu großes Rätsel ist, weshalb ihm vom ersten Moment klar ist, dass sich hier gerade durch undurchschaubare Zusammenhänge ein Zugang zur Vergangenheit geöffnet, sich Bereiche der Raumzeit überlagert haben, sich ein so genanntes Wurmloch geöffnet hat. (O-Ton „Wisst ihr was Wurmlöcher sind?“ Fünffaches ratloses Schweigen. Bloß Can gackert wie ein wildgewordener Hahn drauflos...) Und so werden völlig überrumpelte Detektive zu Zeitreisenden. Einmal nicht mittels Magie, sondern mittels Physik. Einstein hatte Recht!

Als wäre das Abenteuer, sich mal im Alltag der späten 60-er Jahre in Köln umzuschauen nicht schon spannend genug, beschließen die Jungs den alten und bei der Kölner Kripo längst ad acta gelegten Kriminalfall um die Entführung des Fabrikanten-Sprösslings aufzuklären, ihn zu retten, ohne dabei in der Vergangenheit irgendetwas anzustellen, was das Zeitgefüge durcheinander bringen könnte. Nicht gerade einfach, nicht einmal für aufgeschlossene, tatendurstige Kinder.

Mathias Wünsche kennt die Kinder von heute. Nicht umsonst ist er seit fast 20 Jahren in der Kinder- und Jugendhilfe Köln tätig. Seine Helden sprechen die Sprache junger Leute von heute, sie leben in unserer Welt, sind durch und durch realistisch gezeichnet, kein bisschen enthoben. Sie geben sich cool, und sind trotzdem ganz normale Kinder, die sich in ihrer Umgebung, ihrem Freundeskreis, ihren Sommerferien spürbar wohlfühlen. Und doch lassen sie sich staunend und neugierig auf den Wechsel in eine andere Zeit ein, der unwillkürlich auch der Wechsel in eine andere Welt ist. Sie meistern ihr Abenteuer holpernd, stolpernd, zielgerichtet, klasse. Sie sind keine Superhelden, keine übercoolen Spinner, sie lernen die Gefahr durchaus kennen. Und bestehen. So temporeich wir ihrem Abenteuer folgen (diese Buch legt man nicht aus der Hand, bis man es durchgelesen hat), so schnell wachsen die Kinder einem ans Herz. Der ständige Wechsel gut 40 Jahre vor und zurück zwischen uns und einer Kindheit von 1969 ist witzig, fantastisch und sogar ein bisschen nostalgisch für uns ältere Leser. Natürlich! Das schwere Telefon mit Hörer! Das Bonanzarad! Dafür unverständlich das Handy - was ist ein Händi? Auch mit der Sprache der fast schon Pubertierenden hat man 1969 so seine kleinen Schwierigkeiten. Das Ende der Geschichte ist dann sogar richtig rührend.
Die Südstadtdetektive geht weit über einen Lokalkrimi hinaus. Diesem Buch - und seinen hoffentlich bald auftauchenden Folgebänden wünsche ich Beachtung, die weit über Köln hinausgeht. Tolles Leseerlebnis.