Presse
Freitag, 08. Januar 2010

Kölner Stadtanzeiger (Rea und die Catnapper)

Kölner Stadt-Anzeiger, am 28. September 1999, erschienen in Köln

Es ist der Traum eines jeden Schriftstellers: Man schreibt ein Buch, geht mit dem Manuskript bei der Frankfurter Buchmesse hausieren - und zwei Tage später meldet sich ein renommierter Verlag, der nicht nur das fertige, sondern auch gleich noch zwei ungeschriebene Bücher kaufen will. „Ich war total baff', erinnert sich der mit seiner Familie in Lohmar-Heide lebende Mathias Wünsche an den denkwürdigen Tag, an dem sein Erstlingswerk, das Kinderbuch „Rea und die CatNapper" vom Reutlinger Ensslin-Verlag angenommen wurde: „Können Sie daraus eine Serie machen", fragte ihn die Verlagsleiterin schon beim ersten Gespräch. „Das war ein wahnsinniges Glücksgefuhl."

Dabei war die spannende Geschichte rund um seine Romanheldin „Rea" eigentlich nur eine spontane Eingebung im Toskana-Urlaub. „Ich bin um sechs Uhr morgens aufgewacht", erzählt der Autor, „und habe gewusst — ich schreibe einen Kinderroman." Gesagt, getan. Zwei Jahre lang schlüpfte Mathias Wünsche, im Hauptberuf Sozialpädagoge und Leiter einer Tageseinrichtung für verhaltensauffällige Kinder in Köln, nach der Arbeit, im Urlaub und am Wochenende in „eine andere Welt". „Wenn ich schreibe, dann lebe ich mit meinen Figuren - ich schlafe abends mit ihnen ein und wache morgens mit ihnen auf."

Und diese Figuren neu schaffen, ihnen ein Gesicht und einen Charakter zu geben, „das macht unheimlich viel Spaß". Die Rahmenhandlung hat der Autor im Kopf schon fertig, bevor das Schreiben beginnt. Zunächst entsteht eine grobe Skizze des Buches, ein Storyboard wie beim Film. Geschrieben wird dann schließlich ganz altmodisch: „Mit Bleistift auf Papier." Im Computer speichert Wünsche jedoch die fiktiven Lebensläufe aller Hauptfiguren - schließlich soll die Rea-Serie (das erste Buch erschien im Frühjahr, auch der zweite und der dritte Band sind inzwischen fertig) ausgebaut werden.

„Ich habe als Kind gar nicht gelesen", gibt der 42 Jahre alte Autor zu. Heute stellt er fest, dass die gängigen Kinderbücher „meist etwas verstaubt wirken". Wünsche bemühte sich daher um eine jugendliche Sprache und um den nötigen Aktualitätsbezug: „Meine Figuren kennen auch das Internet." Ebenfalls aktuell: Die fuhrenden Köpfe seiner Geschichten sind sämtlich weiblich, allen voran die Protagonistin Rea. „Jungs sind bei mir nur Wasserträger."

Als Erwachsener eine Kinderwelt für Kinder zu beschreiben, ohne dabei altklug oder aufgesetzt zu wirken, ist keine einfache Aufgabe - doch Mathias Wünsche gelingt es tatsächlich, die Klippen der Peinlichkeit oder Anbiederung zu umschiffen. Seine Figuren sprechen kein gekünstelte Jugendsprache, sondern reden einfach - ganz normal eben. So wie die äußeren Umstände: Reas Mutter ist alleinerziehend, zu ihren Freunden zählen ganz selbstverständlich auch türkische Kinder, doch der mahnend erhobenen Zeigefinger fehlt. Das begeisterte auch seine Verlegerin: „Bleiben Sie bei ihrem Stil", ermunterte sie ihren Autor nach der Ablieferung seines zweiten Buches („Rea und der rote Skorpion"). Wie schon der Erstling, werden sich auch die Folgebände an 10- bis 14-Jährige wenden. „Die Sachen, über die ich schreibe, sind immer etwas mysteriös und abgedreht", bekennt er. „So wie ich." Eigentlich habe er nämlich Rockstar werden wollen, entschied sich aber dann doch für ein Studium, nachdem er einige Jahre als Maler und Anstreicher gearbeitet hatte.

Heute ist das Schreiben „ein guter Ausgleich für das, was ich täglich bei der Arbeit sehe", sagt der Teilzeit-Schriftsteller. Außerdem mache es einen Riesenspass - „und ich habe das Gefühl, jeder neue Roman ist besser als der vorige". Das scheinen auch andere so zu sehen: In der vergangenen Woche meldete sich sogar das Fernsehen beim Kinderbuchautor in Heide und kündigte Interesse an einer Verfilmung des ersten Buches an. „Ich bin gespannt", so Mathias Wünsche, „wo mich Rea noch hinbringt."

Christian Hümmeler